Bodenlange Kleider, Röcke mit Röhrenfalten oder Spitzensaum an geschlitzten Ärmeln – eine Modevorstellung, die anscheinend nicht nur zur Zeit der Renaissance relevant war.
Im Rahmen des Projektes MixTour „Kunst trifft Sound“ konnten die Schüler*innen des Grundkurses Kunst der Q2 ihrer Kreativität freien Lauf lassen und ihren alten oder unbenutzten Kleidungsstücken eine neue Chance geben. Unter der Anleitung der Designerin Laura Schlütz wurden die Kleider mit Stilelementen der Renaissance verändert und ergänzt.
Im Unterricht hatte die Textilkünstlerin erst mit den 12 Jungen und 8 Mädchen Merkmale von Renaissance-Mode erarbeitet, es wurden gemeinsam Ideen zur Umsetzung gesammelt, und viele machten ihre allerersten Erfahrungen im Umgang mit der Nähmaschine. In einem mehrstündigen Workshop hatten die Schüler*innen dann Zeit, ihre Stücke weiter auszugestalten.
Es herrschte eine produktive Atmosphäre: Samt und Spitzenborten türmten sich neben alten T-Shirts und Jeans, Nähmaschinen ratterten, Perlen klickerten beim Auffädeln.
Laura Schlütz war mal hier, mal dort, gab Tipps, half bei Schnittmustern oder beim Auffädeln des Unterfadens an der Nähmaschine. „Das war eine sehr intensive Arbeitsphase“, war ihr zufriedenes Fazit nach dem Workshop. Auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gefiel es gut: „Die Arbeitsphasen waren sehr offen gestaltet und regten zur Kreativität an. Viele Schüler*innen standen im ständigen Austausch“, befand Melih, der einem alten T-Shirt durch Kragen, Goldknöpfe und Applikationen neues Leben eingehaucht hatte.
Im Zuge des MixTour-Projektes hatten sich verschiedene Oberstufenkurse der Lemgoer Schulen – mit Ausnahme unseres Upcycling-Projektes – mit der Vertonung von Renaissance-Kunstwerken aus dem Schloss Brake beschäftigt.
Am Freitag, den 16. September, war es dann so weit. Zu live gespielten Flöten-Klängen aus der Renaissance schritten die jungen Designer*innen, mit ihren neugestalteten Stücken bekleidet, durch das bunt beleuchtete Foyer der TH OWL: weinroter und tannengrüner Samt schimmerte, opulent quoll weißer Stoff durch geschlitzte Ärmel, Perlen und Goldborten glitzerten im Scheinwerferlicht. Jedes Stück sah anders aus, alle hatten ihre ganz individuellen Zugänge gefunden, die durch den Applaus des Publikums belohnt wurden.
„Es hat viel Spaß gemacht“, antwortete Max auf die Nachfrage August Klars, der durch das Programm führte. „Ich habe viel gelernt“, ergänzte Luiz und fügte grinsend hinzu: „Die nächsten Knöpfe kann ich selbst annähen, das muss meine Mutter jetzt nicht mehr machen.“
– Nicht nur die Kleidung hatte sich also verändert, von abgenutzt zu laufstegtauglich, das Selbstverständnis hatte sich ebenfalls vertieft: auch mal reparieren oder upcyclen, nicht sofort wegwerfen. Und nicht zuletzt war das Selbstbewusstsein gestiegen: „Klar können wir mit der Nähmaschine umgehen!“ Da haben sie ihrer Kunstlehrerin nun etwas voraus – aber die hofft schon, dass die Schüler*innen ihr das bald beibringen.


