“Lemgo: Eine Stadt im Schatten der Vergangenheit – Erinnerung an das finstere Erbe des Holocaust”

“Ich stelle unter Beweis, dass Lemgo die undankbarste Stadt ist, welche man sich denken kann und auch heute noch den Geist des finsteren Mittelalters verkörpert.” – Mit diesen kraftvollen Worten beschreibt Adolf Sternheim, einer der wenigen Holocaust-Überlebenden aus Lemgo, seine tiefe Enttäuschung über die Haltung seiner Heimatstadt im Jahr 1947.

In einem Schreiben an den Hauptausschuss der Stadt klagt Sternheim darüber, dass Lemgos Bürgermeister es ablehnte, eine ständige Vertretung der jüdischen Gemeinde einzurichten. Seine Begründung? Der geringe Prozentsatz der verbliebenen jüdischen Einwohner rechtfertige dies nicht. Diese Worte spiegeln nicht nur die Gefühle eines Mannes wider, der das Unvorstellbare überlebt hat, sondern sie werfen auch einen dunklen Schatten auf die Stadt und deren Umgang mit ihrer Geschichte.

Doch das Bewusstsein über diese Vergangenheit ist nicht verloren. 27 Schülerinnen und Schüler des Marianne-Weber-Gymnasiums (MWG) und des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums (EKG) haben sich kürzlich im Rahmen eines zweitägigen Workshops mit genau diesen Fragen auseinandergesetzt. Unter dem Titel „Erinnern für die Zukunft – Auschwitz, der Holocaust und die Kleinstadt Lemgo“ haben die Jugendlichen untersucht, was die Ereignisse des Holocaust heute noch mit uns und unserem Leben zu tun haben. Ihr Ziel: eine tiefgehende Vorbereitung auf eine Reise zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im kommenden Jahr unter Leitung von Geschichtslehrerin Magdalena Botterbusch vom MWG.

Um zu verstehen, dass der Holocaust nicht nur “irgendwo anders” geschah, sondern auch in ihrer eigenen Stadt, haben die Teilnehmenden auf vielfältige Weise die lokale Geschichte der Verfolgung und Entrechtung jüdischer Bürgerinnen und Bürger erforscht. Ein Stadtrundgang auf den jüdischen Spuren Lemgos führte die Jugendlichen direkt zu den Orten, an denen Geschichte geschrieben wurde. Zudem durchstöberten sie im Stadtarchiv Originalquellen unter Anleitung von Stadtarchivar Marcel Oeben, um mehr über das Schicksal jüdischer Familien aus Lemgo zu erfahren.

Diese Bemühungen sind Teil eines engagierten Versuchs, die Erinnerung an die Opfer des Holocaust wachzuhalten und gleichzeitig die Augen für die Herausforderungen der Gegenwart zu öffnen. Sie zeigen, dass das dunkle Erbe der Vergangenheit uns noch heute berührt und dass es unsere Verantwortung ist, daraus zu lernen.

Ein Blick in die Vergangenheit für eine bessere Zukunft – das ist die Botschaft, die diese jungen Menschen mit auf ihren Weg nehmen.